HAE für Eltern
Kindheit und Pubertät – das ist die Zeit, in der sich bei den meisten HAE-Patienten erstmals Symptome der Krankheit zeigen. Es gibt ein paar Dinge, die Eltern wissen sollten, um ihr Kind mit HAE aufmerksam zu begleiten und ihm zu helfen.
Jedes kleine Kind hat ab und an Bauchweh, meist wegen Blähungen oder eines Magen-Darm-Infekts. Aber Bauchschmerzen können, ebenso wie Luftnot und Hautschwellungen, auch durch eine HAE-Attacke entstehen. Fehldiagnosen sind möglich, weil die Krankheit HAE selten ist und leicht verwechselt wird – zum Beispiel mit einer Blinddarmentzündung oder einer allergischen Reaktion. Auch die Familiengeschichte hilft nicht immer weiter bei der Frage, ob ein Kind HAE hat: Bei 20 % bis 25 % der HAE-Patienten entsteht die Erkrankung durch eine Neumutation und das heißt, dass HAE nie zuvor in der Familie aufgetreten ist.
Für Kinder: Wie lassen sich Schwellungen stoppen?
Gerade für jüngere Kinder ist es natürlich schwer verständlich, warum ausgerechnet sie immer Schwellungen bekommen. Was passiert, lässt sich vereinfacht anhand eines mit Mais gefüllten Kochtopfes erklären. Steht der offen auf dem Feuer, ploppt Popcorn in alle Richtungen. Auf HAE Typ I und HAE Typ II übertragen ist der Mais ein Eiweiß im Körper (Kininogen), das Feuer ein Auslöser (z. B. Stress) für HAE-Attacken und das Popcorn das Gewebshormon Bradykinin – das unreguliert entsteht, weil das Eiweiß C1-INH fehlt, und so für die Schwellungen sorgt. Gut behandeln lässt sich HAE zum Beispiel dadurch, dass die Patienten das fehlende C1-INH erhalten. Gibt es nun einen Auslöser, hält das C1-INH das Bradykinin und damit die Schwellungen in Schach – wie ein Deckel das Popcorn in einem heißen Topf.
HAE-Attacken bei Kindern und Jugendlichen
HAE beginnt meist früh. Einer großen Studie aus der Universitätskinderklinik Frankfurt am Main wurden Daten von 130 Kindern und Jugendlichen bis einschließlich 18 Jahre ausgewertet. Demnach tritt die erste HAE-Attacke meist bei Kindern im Alter von etwa 4,3 Jahren auf.
86,3 % der untersuchten Kinder und Jugendlichen zeigten ihre ersten HAE-Symptome innerhalb der ersten 18 Lebensjahre. Nachdem die HAE-Symptome das erste Mal auftraten, nahm die Anzahl der HAE-Attacken in den 6 bis 12 folgenden Jahren in der Regel weiter zu. Daher ist es wichtig, dass an HAE gedacht und eine Blutuntersuchung veranlasst wird, sobald sich die typischen Symptome zeigen, um gegebenenfalls eine entsprechende Therapie einleiten zu können.
Wo Schwellungen vorkommen
Wie genau sich HAE bei Kindern und Jugendlichen äußert, hat ein internationales Patientenregister untersucht mit 18 Kindern, die unter 12 Jahre alt waren, sowie mit 21 Jugendlichen im Alter von 12 bis unter 17 Jahren. Es wurde mindestens eine Bauchattacke für die große Mehrheit der Kinder (70,6 %) jünger als 12 Jahre registriert und sogar bei 100 % der Jugendlichen (12 bis 17). Aber auch eine Schwellung im Gesicht hatte schon rund die Hälfte der jungen Patienten einmal gehabt, wie die Abbildung zeigt. Zu beachten ist vor allem, dass potenziell lebensbedrohliche Schwellungen beispielsweise am Kehlkopf unter Jugendlichen schon recht weit verbreitet sind. Ein ähnliches Ergebnis ergab auch die Studie aus der Universitätskinderklinik Frankfurt am Main mit 130 Kindern und Jugendlichen: Hier waren Attacken an Armen und Beinen mit 43 % besonders häufig, gefolgt von Attacken im Bauch (22 %) oder im Gesicht (21 %). Bei zwei Patienten handelte es sich bei der ersten HAE-Attacke bereits um eine Kehlkopfattacke.
Worauf Eltern achten sollten
Ihr Kind hat HAE und kommt in den Kindergarten? Die Einschulung steht bevor? Ein Umzug ist geplant? Neue Lebensphasen erfordern von Ihnen erhöhte Wachsamkeit. Denn auch bei Kindern kann Stress aller Art, selbst positiver, eine HAE-Attacke auslösen. Achten sollten Eltern bei Kindern mit HAE aber auch auf Infektionen, Verletzungen, Insektenstiche, Medikamente oder bestimmte Nahrungsmittel – all das sind weitere mögliche Ursachen für eine Schwellungsattacke. Besonders Mädchen kann die hormonelle Umstellung in der Pubertät zu schaffen machen – durch Östrogen können sich die HAE-Symptome verschlimmern oder erst richtig entfalten.
Die Österreichische Selbsthilfegruppe für Hereditäres Angioödem (HAE – Austria) steht Eltern gerne mit Rat zur Seite.
HAE bei Kindern kontrollieren
Eltern sollten nach Absprache mit dem behandelnden Arzt regelmäßige Termine vereinbaren, um eine HAE-Erkrankung ihrer Kinder kontrollieren zu lassen. Falls nötig, sollten sie bei solchen Kontrollen angeben können, in welchem Alter ihr Kind die ersten HAE-Symptome gezeigt hat und wann die Krankheit diagnostiziert worden ist. Auch sollten Eltern für ihre Kinder einen HAE-Schwellungskalender sorgfältig führen und diesen dem Arzt beim Kontrolltermin vorlegen. Und unbedingt daran denken: Einen HAE-Notfallausweis für das Kind auszufüllen und vom Arzt unterschreiben zu lassen. Diesen Notfallausweis sollten Kinder mit HAE immer bei sich tragen.
Zum Schwellungskalender
Zum Notfallausweis
HAE in Kindergarten und Schule
Der Besuch von Kindergarten und Schule sollte für Kinder mit HAE ganz normal sein. Worüber Lehrer und Betreuer vorab informiert werden müssen.
HAE behandeln
HAE lässt sich auch bei Kindern gut behandeln. Zum Beispiel mit C1-INH: Damit wird im Körper das ersetzt, was bei HAE fehlt.